Regisseur und Autorin waren sich bei der Premierenfeier über vieles einig, gerade auch was Holunderschnaps betrifft, der während und nach der Vorstellung eine gewisse Rolle spielte.

INTERVIEW MIT DER AUTORIN

//"Prinzessin Nicoletta" hat für mich auch den Status eines Befreiungsschlags.

Während der Probezeit entwickelte sich zwischen Rebekka Kricheldorf und Theater4 ein kurzer, aber sehr netter E-Mail-Wechsel, bei dem uns die Autorin auch für ein kurzes Interview für das Programmheft bereiterklärte:

Theater4: Zu Beginn der Proben begab sich theater4 auf die Suche nach einer übergeordneten Metapher oder Allegorie. Der "Clash of Cultures" ist natürlich offensichtlich, die Unmöglichkeit sich zu verweigern zeigt sich im Koch und es gab beispielsweise Inszenierungen, in denen Phillip und Leonor als Abbild der großen Koalition gezeigt wurden. Bei Theater4 aber überwog zunehmend die Psychologie der Figuren. Und diese wehrten sich tapfer gegen ein Korsett, das ihre Persönlichkeit funktionalisiert. Wir erzählen also hauptsächlich die Geschichten Ihrer Figuren. Haben wir Ihren Segen oder haben wir etwas Wichtiges übersehen?

Rebekka Kricheldorf: Das Grundthema des Stücks ist für mich, wie ja schon angemerkt, die Unmöglichkeit des Nichtverhaltens oder der Verweigerung und die Auflehnung aller Figuren gegen die ihnen jeweils zugedachte gesellschaftliche Rolle. Darüber hinaus bietet das Stück durch seine offene Märchenstruktur die Möglichkeit verschiedenster Interpretationsansätze. Ich als Autorin bin da sehr offen und immer wieder neugierig, welchen Akzent die Inszenierung setzt. Das bedeutet: Man kann als Regisseur kaum was falsch machen!

Theater4: Ist Ihnen eine Ihrer Figuren Herz gewachsen und warum?

Rebekka Kricheldorf: Schwierig. Am sympathischsten ist mir eigentlich Phillip ... Er ist einfach viel zu lieb, um ein Herrscher zu sein. Seine lächerlichen Bemühungen, diese Rolle auszufüllen, finde ich sehr rührend.

Theater4: 2002 gewann "Prinzessin Nicoletta" den Verlegerpreis und den Publikumspreis im Wettbewerb des Heidelberger Stückemarkts. Wie wichtig sind solche Preise? Welche Rolle spielt das Stück in Ihrem Werdegang als Theaterschriftstellerin?

Rebekka Kricheldorf: Preise sind eine wichtige Finanzspritze, gerade, wenn man noch am Anfang steht. Die Tantiemen sind ja nicht gerade üppig. Ohne die von mir eingesackten Förderpreise hätte ich mich in den ersten Jahren kaum über Wasser halten können. Als mein erstes Stück hat "Prinzessin Nicoletta" für mich auch den Status eines Befreiungsschlags: Geboren aus einer gewissen Wut auf den damals grassierenden psychologischen Realismus.

Theater4: Beantworten Sie uns die banale aber trotzdem irgendwie spannende Frage, wie Sie zum Drama gekommen sind und wie daraus ein Beruf wurde?

Rebekka Kricheldorf: Ich habe schon als Kind viel geschrieben - eigentlich verarbeite ich die Realität durch Schreiben, seit ich denken kann. Irgendwann habe ich herausgefunden, dass mir das Verfassen von Texten, die laut gesprochen bzw. gespielt werden müssen, sehr liegt, und bin aus Versehen drauf hängengeblieben. Andere sogenannte ernsthafte Berufe kamen für mich nie in Frage, aber vielleicht schreibe ich ja irgendwann mal einen Roman.

Theater4: Wir finden, dass Ihre "Prinzessin Nicoletta" ideal für die Stärken von Amateur-Theater (übrigens eine Formulierung, die wir selbst nicht gerne benutzen, weil wir glauben, die eigenen Ansprüche darin nicht wiederzufinden) oder Off-Bühnen ist: Sie provoziert Spielfreude, Phantasie und verträgt die Nähe zum Publikum. Haben Sie selbst Erfahrung mit Amateurtheatern oder Off-Bühnen? Wo sehen Sie den Unterschied zum subventionierten Stadttheater?

Rebekka Kricheldorf: Da ich mich hauptsächlich durch Auftragsarbeiten für Stadttheater ernähre, habe ich mit diesen wesentlich mehr zu tun als mit Off-Theatern. Aber für nächstes Jahr ist erstmals eine Zusammenarbeit mit einem Off-Theater angedacht, dem Berliner Anarcho-Puppentheater DAS HELMI, für das ich eine moderne Variante von Schillers Räubern schreiben will. Am Stadttheaterbetrieb ärgern mich manchmal die seltsamen Prozesse, die zu ungünstigen Zusammenarbeiten führen: Regisseurin X wurde vom Theater eine Uraufführung versprochen, also macht sie das neue Stück von Autor Y, auch wenn sie mit dem Text eventuell nichts anfangen kann. Da gibt's aber auch lobenswerte Gegenbeispiele von Intendanten, die schon bewährten Arbeitsteams eine erneute Zusammenarbeit ermöglichen. So eine Kontinuität würde ich mir verstärkt wünschen.

Theater4: Haben Sie noch eine Anmerkung? Was sollte unser Publikum unbedingt wissen?

Rebekka Kricheldorf: Hm. Nö.