Video: Sascha Bierl

BOCKWURST UND PILATES

//Sexy ist sie nicht, die Greifswalder Straße

Sexy ist sie nicht, die Greifswalder Straße. Aber sie ist natürlich auch nicht wegzudenken
aus dem Berliner Osten und eine wichtige Verkehrsader.
Auf der einen Seite des S-Bahnhofs Greifswalder Straße haben sich mittlerweile die
Reichen und Schönen mit Bioläden und Pilates-Studios eingenistet. Währenddessen
spürt man auf der anderen Seite, wo auf vier Spuren reihenweise Autos und Straßenbahnen stadtein- und auswärts gespült werden, etwas Uriges, Raues, Ungeschliffenes.

Staub und Zigaretten haften an Händen und Pflastersteinen. Man bewegt sich aneinander vorbei, Penny-Einkaufstüten, Hundeleinen oder eine Vorteilspackung 2-lagiges Toilettenpapier in der Hand. Eines der vermutlich letzten Videocenter Berlins hat hier bis heute überlebt. Beim Bäcker gibt's Bockwurst mit Schrippe im Angebot. Draußen stehen die Leute in Grüppchen, es wird geraucht, laut geredet und gemeckert.

Andere warten auf die Straßenbahn, darauf dass die Ampel grün wird oder die Bierquelle
aufmacht. Die Straße wartet darauf, dass die Sonne untergeht. Die Sonne, die mit ihren letzten Strahlen selbst die schäbigen, graurosagrünen Plattenbauten zum Leuchten bringt.
Jetzt trinken die Jungen Sterni im Ernst-Thälmann-Park und die Alten ein Pils in der
Eckkneipe. Vor dem Späti finden die Generationen wieder zusammen.

Nein, sexy isse nicht, die Greifswalder. Aber ehrlich und schnörkellos. Und ein bisschen gespenstisch in ihrer schmutzigen Kraft. (Moïra Rabussière)