MAULWÜRFE

//Filmserie nach Günter Eich

Als der vorläufig letzte Theater 4-Vorhang 2018 im Festsaal fiel und die große Sanierung des Künstlerhauses begann, überkam uns eine große Melancholie. Es erschien uns unmöglich, ohne die besondere Aura unseres Spielortes Theater zu machen.
Es lebt eben ein ganz besonderer Geist der Kunst in diesem Gebäude. Ein unangepasster Geist, ein Geist, der etwas will, der wirkt, der nicht gefällig oder eitel ist, der keinen Elfenbeinturm kennt, einer, der anpackt, ein Geist, der sich ebenso verweigert, wie er verändern will, einer der sich mit kleinerer Kunst sehr wohl fühlt, aber dennoch pfeifend querbeet durch die große stapft.
Ihm wollten wir in den langen Jahren der Einsamkeit ein wenig zur Seite stehen und aus seiner Gesellschaft selbst ein wenig Kraft schöpfen.
Und so beschlossen wir, kleine, große, theatrale Gedankenfilme mit kurzen Texten zwischen Lyrik und Prosa mitten in der Baustelle zu drehen.
„Maulwürfe" nannten wir unsere Reihe. Maulwürfe sind fleißige Bauarbeiter. Aber machen wir uns nichts vor. Sie sind schädlich und der Feind allzu glatter Rasenflächen. Über ihren Gängen sterben die Gräser ab. In ihren Gängen rennen sie einem Gedanken nach. Manche von ihnen schleudern Ratten hoch. Wir waschen und striegeln mit Wonne ihr dichtes Fell. "Tragt uns als Mantelfutter!", rufen sie uns zu. 
So hoffen wir, den Geist des Künstlerhauses zu beschwören, auf dass er die schwere Zeit unbeschadet übersteht.


//Ein Tibeter in meinem Büro

Das ergibt alles keinen Sinn. Die Zusammenhänge, die man eben noch glaubte zu verstehen, zersplittern. Alles fällt auseinander. Je länger man über die Welt nachdenkt, wie sie sich in der Erinnerung, in vermeintlichem Wissen und den eigenen Einsichten spiegelt, desto mehr zersetzen sich belastbare Regeln und Orientierung. Alles ist relativ. Schlimmer, vieles ist instrumentalisiert und Werkzeug von Macht und Gewalt.
Es droht cerebrale Anarchie, die stärker ist als jede Registratur. Da trösten auch das Frühstücksgulasch und die Erinnerungen an Ferien in Hilpoltstein nicht.
Türe zu!


//Candide

Tipps zum positiven Denken:
Glaube an dich selbst, das Glas ist halbvoll, schreibe ein Glückstagebuch, lächle, umgib dich mit positiven Menschen, freue Dich an den kleinen Dingen, an den ganz kleinen Dingen, an den winzig-kleinen Dingen, an den so verfickt kleinen Dingen, verfickt kleinen Drecks-Dingen. Freue Dich, verdammt nochmal, Du hast keine Wahl, Candide!


//Hausgenossen

Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm. Bei Mama überlebt nur der Stärkere, Papas Liebe gilt der Steuererklärung. Und zwischendrin immer schön feucht rauswischen.


//Bevor Störtebeker stolpert

Vertrieben von Willkür, Gewalt und Armut. Einen unmenschlichen Weg übers Meer bewältigt. Die Kinder im Arm. Jetzt knien sie hilflos, sprachlos und ohnmächtig und warten auf eine Entscheidung über Leben und Tod.